Es lag eine elektrisierende Spannung in der Luft. Die rassige Schöne blickte dem blonden Seemann tief in die Augen. Er war mit den Gedanken bereits wieder weit draußen auf dem Meer. Tränen liefen ihr über die Wangen. Es sollte für sie erneut eine lange Zeit der Entbehrung und der Sehnsucht anbrechen, in der sie tagtäglich hinaus auf das Wasser sah und aus lauter Einsamkeit das Meer schon singen hörte. Da rief eine schnarrende Stimme hinter mir: 

"Hände hoch oder ich schieße!". 

Ich drehte mich langsam um. Ein Ganove mit einem schwungvoll nach oben gezwirbelten Bärtchen schaute mich finster an. Langsam hob ich meine Hände, hörte aber trotzdem seinen Colt klicken. Er drückte ab. Langsam sanken meine Hände wieder nach unten. Ich schüttelte den Kopf: 

"He du Cowboy! Sagtest du nicht: Hände hoch  o d e r  ich schieße? Warum erschießt du mich, obwohl ich die Hände hochgenommen habe?" 

Der Cowboy  kicherte jedoch nur kehlig und grinste verwegen. Ich drehte mich wieder zu meinem Computer um und ließ den Dreijährigen alleine hinter mir. Also, das Meer sang sein Lied, die Tränen rinnen, die rassige Schöne reibt sich die verschwollenen Augen, ah ja ... Ich legte meine Finger wieder auf die Tastatur und begann zu schreiben. 

"Hände hoch, oder ich schieße!", ertönte es von Neuem hinter mir. Ich drehte mich leicht genervt um. Unsere Blicke trafen sich. Der Kleine zielte zwischen meine Augen. Wartete kaltblütig ab. Irgendwann hob ich die Hände und der Schuß folgte augenblicklich. Anschließend wieder das schadenfrohe Gelächter. 

"Du darfst mich doch nur erschießen, wenn ich die Hände nicht hoch nehme, verstehst du?", beschwere ich mich. "Verstehst du das? Sonst müßtest du ja sagen: "Hände hoch  u n  d  ich schieße! Nicht wahr?  Und ich schieße." Ich drehte mich seufzend um und konzentriere mich auf meine Geschichte. 

"Hände hoch und ich schieße!", kam es bald darauf von hinten. Belustigt wandte ich mich meinem Sohn zu und sah zum dritten Mal in das gleiche, zornige Gesicht. Nun griff ich zu einer List: Ich wollte 
die Hände nunmehr nicht hoch nehmen, vielleicht konnte ich ja auf diese Weise dem Erschießungstod entgehen. Mein Bedroher verlor jedoch bald die Geduld und erschoß mich trotzdem. Anschließend Gelächter. Ich beschloß beleidigt, bei diesem Spiel ohne Regeln und Gesetze nicht länger mitzuspielen, drehte mich um und dachte an das Meer, die Schöne und den Seemann. 

"Hände hoch und ich schieße!". 
"Nein!!!", rief ich und drehte mich nicht um. Die Kugel traf mich in den Rücken. Gelächter. 
"Erschieß' doch deine Schwester, du kuhhütender Quälgeist", murmelte ich vor mich hin. 
"Wie bitte?", rief der Cowboy. 
"Geh doch zu deiner Schwester", wiederholte ich etwas lauter. 
"Nein!", meinte der kleine Cowboy entschlossen. 

Ich wartete und zählte die Buchstaben der letzten Zeile, die ich geschrieben hatte. 

"Udo, ich will einen Vogel schießen", tönte es schließlich nach einer Denkpause. 
"Was kann denn der Vogel dafür", fragte ich unkonzentriert. 
"Ich will aber!", sagte der Cowboy wütend. 
"Erschieße doch die Nachbarin, die sich ständig über euer Geschrei beschwert." 
"Nein, ein Vogel!", sagte der Knirps. 

"Junge, gib mal die Pistole her". Ich entriß meinem überraschten Gegner den Colt, erschoß die blöde Schönheit und den dämlichen Seemann von hinten, schmiß sie ins Meer, nahm den Jungen an der Hand und ging mit ihm zum Kinderfasching. Dort metzelten sich die vielen Sheriffs mit ihren Colts und Gewehren glücklicherweise alle gegenseitig nieder, verschonten mich als ihr Opfer aber nur deswegen, weil sie es als unwürdig betrachteten, sich überhaupt mit mir aufgrund meines Biene-Maja-Kostüms abzugeben, denn welcher echte Cowboy duelliert sich schon mit einer Honigbiene.