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 Die griechische Landschildkröte
(Testudo hermanni hermanni)
 
 
Es war bereits mein Kindertraum, einmal nach Griechenland zu fahren, um dort auf Schritt und Tritt den griechischen Landschildkröten zu begegnen. Auf unserer Peloponnesreise sahen wir leider keine einzige davon. In früheren Jahren sollen die Tiere massenweise vorgekommen sein, so daß man im Straßenverkehr aufpassen mußte, keines der urzeitlichen Tieren mit dem Auto zu überfahren.
 
 
 
Uwe Stulle
 
Heute dagegen ist es notwendig, die Tiere in ihrem Unterschlupf regelrecht aufzuspüren, um sie zu Gesicht oder vor die Kamera zu bekommen. Uwe Stulle berichtet das auf sehr eindrucksvolle Weise in seiner Schilderung einer Schildkröten-Griechenland Expedition. Von ihm stammen die zwei hier gezeigten Bilder der Landschildkröten. 
 
 
In meiner Kindheit konnte man Schildkröten im Handel bereits für 20 Mark erwerben.  Entsprechend beliebt waren die Tiere. Inzwischen muß man dafür etwa 400 Mark hinlegen, da der Import von Schildkröten aus Griechenland heutzutage verboten ist. Daß die Schildkröten in ihrem Heimatland so rar geworden sind, mag daran liegen, daß in der Vergangenheit viele Touristen Schildkröten mit nach Hause genommen hatten oder viele Schildkröten ins Ausland verkauft wurden. Ein weiterer möglicher Grund könnte in der gängigen Praxis einheimischer Bauern zu suchen sein, Schildkröten, die sie in ihren Feldern finden, den Schweinen zum Fraße vorzuwerfen.
Mit 5 Jahren besaß ich selbst eine griechische Landschildkröte. Heute würde ich mir ein solches Tier zwar nicht mehr zulegen, denn dessen Haltung ist durchaus anspruchsvoll und darf sich nicht auf die Behausung in einer ausrangierten Obstkiste beschränken. Außerdem bedenken die wenigsten Halter junger Schildkröten, daß die Tiere später sehr groß werden können. Damals hatte meine griechische Landschildkröte relativ gute Haltungsbedingungen, lebte in einem Gemüsegarten, in dem sie nach Herzenslust von all den vielen Blattpflanzen naschen durfte und in dem sie sich nachts zum Schlafen in einer Ecke vergrub. Mein Uroma hatte zwar immer wieder Einwände, das Tier im Garten frei herum laufen zu lassen, vor allem, wenn die Schildkröte mal wieder sämtliche frisch gepflanzte Salatsetzlinge vertilgt hatte. Damals war ich aber der Meinung, daß das Wohl des Tieres eindeutig Vorrang hatte. Außerdem war ich sowieso kein großer Salatesser. Meine Uroma wurde schließlich vernünftig und gab nach, und ich, der 5-jährige stolze Schildkrötenbesitzer, bekam letztendlich meinen Willen.
 
Obwohl schon in frühen Jahren ein Schildkrötenexperte, brachte ich es später in der Schule fertig, in diesem einen Wort drei Rechtschreibfehler unterzubringen. Dank meiner nicht gerade hochdeutsch zu nennenden Aussprache während meiner Kinderjahre, brachte ich das schöne Wort „Schildkröte“ folgendermaßen zu Papier: "Schiltgröde". Gelächter allenthalben – Schuld daran war natürlich der fränkische Dialekt, der mit der deutschen Rechtschreibung sowieso auf Kriegsfuß steht. 
Uwe Stulle
 
 
 
Aber kommen wir wieder zum Punkt: Eine Schildkröte gehört natürlich nicht in Kinderhände. Ich hatte sie zwar sehr geschätzt und war fasziniert von ihr, konnte es mir aber trotzdem nicht verkneifen, diverse Experimente mit ihr anzustellen. So probierte ich es beispielsweise aus, wie das urzeitliche Tier mit der für ihn ungewöhnlichen Situation zurechtkommen würde, auf einer Glasplatte zu liegen. Das Ergebnis des Experimentes war, daß sich das arme Tier reichlich schockiert zeigte und panisch versuchte, den Rückwärtsgang einzulegen.
 
Die Schildkröte ernährte sich von Salat, Obst und Milch, verschmähte aber auch gewöhnlichen Löwenzahn nicht. Eines Tages hatte es die Schildkröte fertig gebracht, aus ihrem heimatlichen Garten auszubrechen und auf ihrer Wanderschaft eine beachtliche Strecke zurückgelegt. Als sie gerade im Begriff war, sich von einem Mauersims in einen Misthaufen zu stürzen, fand sie der überraschte Misthaufenbesitzer und brachte sie mir wohlbehalten wieder zurück. An dieses übergroße Glücksgefühl, ausgelöst durch die Wiedersehensfreude, erinnere ich mich heute noch.

Eine Besonderheit war immer das Überwintern des Tieres im Keller. Wenn die Schildkröte unruhig wurde und sich im Garten auch tagsüber vergrub, setzten wir sie in eine Kiste mit Torf und alten Blättern. Zum Schutz vor Ratten kann man die Kiste mit einem Maschendraht oben überspannen. Im Frühjahr wachte sie wieder auf und wurde allmählich wieder munterer, ganz wild darauf, den frisch gepflanzten Salat der Uroma von neuem nieder zu machen.
 

 
 
 
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