|
|
|
|
Die Qual der Wahl (Deutschland im Wahljahr 2005)
Rentnertruppe, hemdsärmelig
keucht die Hauptstraße hoch
Nordic-Walking-Sticks-Gewitter
Deutschland schreitet zur Wahl
Just Lust ist jung und schön
aber arbeitslos
Er scheißt auf Schröder und Merkel
Und Schröder und Merkel scheißen auf ihn
Udo Schmitt, September 2005
Zwischengedanke
Eine kraftlose Sonne
Ein karger Baum
Du redest von Dingen die fern sind
und immer weht seufzend der Wind
Ein Gedanke dazwischen:
Etwas geht zu Ende
Ich denk' an die letzte Berührung
und an den letzten Blick der kommt
Udo Schmitt, April 2006
Wir machen die Türe jetzt zu
Es war wie ein Spiel
wir schufen Häuser, Menschen und Gärten
Worte, Bilder und Klang
Da kamen Fremde herbei
und glaubten an das was sie sahen
Menschen, Worte und Klang
Und als das Spiel vorbei war
war plötzlich nichts von Belang
Kein Mensch mehr, kein Wort und kein Klang
Udo Schmitt, April 2006
|
Endlos (zu spät für die Liebe)
Es waren die Tage so lautlos
Gesprochen kein einziges Wort
das zählt
Der Sommer geht leise zu Ende
Die Freunde verkauft und glückselig
vermählt
Der Winter umarmt alle Einsamen
Und macht dich ein Stückchen kälter
Der Frühling empfängt dich nicht neugeboren
nur ein endlos langes Jahr älter
Udo Schmitt, August 2006
Mit dir allein
Es entsteht keine Melodie
über dem gleichmäßigen Takt deines Atems
Es wachsen nur Bilder aus dem
was war
War es genug?
Waren die Tage im Sonnenschein
dir gut genug?
War dein letzter klarer Gedanke
schön wie eine glatt geschliffene Welle
aus Cedernholz
oder schrill wie ein
herabstürzendes Riff?
Udo Schmitt, 29. 8. 2006
Von gestern auf heute
Deine Brille liegt noch da
und deine Armbanduhr
Die Bilder der Kinder
ein bunter Schmetterling
und eine Eule, in einem Astloch sitzend
hängen an der Wand
Die Hausschuhe unter dem Bettstehen ordentlich nebeneinander
Nur du
Du bist jetzt wo anders
Udo Schmitt, 30. August 2006
|
Der Himmel von gestern
Heute betrübt sich
der Himmel von gestern
Der Himmel von gestern
So blau und so schön
So schön war der Himmel noch gestern
Von gestern auf heute
vollends betrübt
Udo Schmitt, September 2006
|
|
Im Schuhkarton
Menschen fühlen sich verbunden
hängen zusammen
wie Maikäfer im Schuhkarton des Vierjährigen
Dieser Stallgeruch bringt mich um
Das Kribbeln und Krabbeln
Übereinander und untereinander hinweg
Berührungen bis zur endgültigen
Verschmelzung im Dreck
Udo Schmitt, April 2007
Licht und Schatten
Im Lichtschatten des Baumes
hast du mir
reinen Wein eingeschenkt
Im Schattenlicht des Baumes
haben wir ihn dann
zusammen getrunken
Udo Schmitt, April 2007
Zum Leben erwacht
Damals, als der Sommerwind
noch zart über dein junges Gesicht strich
konntest du nicht ahnen
dass dein unbeschwertes Lächeln einmal - eingefroren
in einer Glasvitrine enden würde
Heute, da der Südwind
nur noch über einen glatt geschliffenen
Stein streicht und der Frohsinn anderer
so sinnlos erscheint
dachte ich wieder an dein Bild
Und dieses Bild
bewegte sich allmählich
Udo Schmitt, Mail 2007
Madame Bigoudi mit caniche Astérisque
Madame Bigoudi mit caniche Astérisque
spricht nicht sehr viel Deutsch, nicht sehr gut, nur ein bisske
Der Pudel frisiert, so mit Schleifchen und Jäckchen
Das Frauchen toupiert, mit Kostüm und mit Täschchen
So laufen die beiden die Straße hinunter
Die Menschen sie flüchten in Häuser mitunter
Denn Asterisque pinkelt jeden ans Bein
er kann es nicht lassen, es muss einfach sein
Zuhaus ihr Monsieur déclaration d'impôt
Er weiß nichts von all der irritation
Von all den Menschen die leiden ein bisske
wegen der pisse von Astérisque
Udo Schmitt, Juni 2007
Das unheilbare Leiden der Herrn von Gudden, Hagen, Grashey und Hubrich
Heute öffnet es sich uns ganz
ungeniert, frontal vaginal, breitbeinig
Gesäumt von sorgsam
gestutzten Buchsbäumchen
bahnt sich der Weg
bis hin zur steingewordenen Vision
des Schlosses von Versaille
Prienavera - vom andern Ufer möchte man eindringen
in die einst so verschlossene, homoerotische Welt
des Wahnsinnigen
in der ein blauer, gläserner Mond
mit einem kleinen, kerzenflackernden Licht
am Fuße des goldverzierten Bettes
beim masturubativen Träumen half
Der raue Wind wehte herüber
vom wilden Kaiser auf die
einsame Insel des schwachen, debilen Königs
auf der heute ein perfekt organisiertes
computergestütztes Massenabfertigungssystem
die Schlangen durch die Träume des Königs
treibt
Udo Schmitt, August 2007
Impression in blauschwarzEine
perfekte Menschmaschine
Bergkette,
strebt höher
Udo Schmitt, August 2007
|
PeterLicht kommt nicht zum Essen(zum Erlanger Poetefest 2007)
Mengen
von Halbverdautem fließen Udo Schmitt, August 2007 |