Schlaflos

 
 
Rentate Möller
 
Fremd
erscheint ihm nun sein Haus
da durch des schwarzen Vogels Flügelschlag
die Mauern lautlos fielen

Mondlicht trocknet ihm die Augen
beim Warten auf den ersten Schlaf
Der Morgen ist noch fern
liegt hinter dunklen Hügeln

Kein Traum
der diese Angst gebar
Einst kam sie unbemerkt
blieb dann die ganze Nacht
ging zögernd nur am Tage
 

Udo Schmitt, Februar 2000

   
 
 
 




 

Kindertraum

Riesengroße Kulleraugen
und eine kleine Hand
die über ihre Wangen streicht
am Morgen wenn das erste Licht
den Raum in bunte Farben taucht

Im Kuschelmeer aus Federkissen
liegt das Kind ganz nah bei ihr
Seine zarte, weiche Haut
fühlt sich an wie feinster Samt
wie sonnenfrische Trauben

Jeden Tag geht sie den Weg
vom Traum bis in die Wirklichkeit
Immer kurz nach dem Erwachen
hält der Alltag sich bereit
um ihr leis ins Ohr zu flüstern:

Dein größter Wunsch
er wird sich nicht erfüllen
 
 

Udo Schmitt, März 2000
 
 
 
 
 



 
 
            
Eva                    
 
Hubert Klotzeck
 

Schlaf dich heraus aus der Enge, den Zwängen 
Schlaf dich gesund, schlafe dich frei 
Schlafe und schwebe hinüber 
in eine viel bessere Welt 

Der Schlaf ist der Sinn, der Weg und das Ziel 
schlaf mal darüber - dann wirst du erkennen 
Vielleicht fühlst du dich wie neu geboren 
so leicht wie der Vogel über dem Haus 

Wer wird dich halten im tosenden Fallen 
Ein Fremder, die Liebste, dein Vater, das Kind? 
Der Wind an den Mauern klingt dir so vertraut 
Sein Lied hat dich immer begleitet 

Der ewige Schlaf 
warf seine Schatten 
und streifte dein schönes Gesicht 

Weine nicht mehr 
und gib mir die Hand 
wir wollen gemeinsam erwachen 
 

Udo Schmitt, März 2000 

 
 
 



 

Unauffällig

Man sagt
du bist ein Leisetreter
der niemals seinen Mund aufmacht
fürs Leben viel zu schüchtern ist
und meistens übersehen wird

Wenn andre
rennen, kämpfen, siegen
bleibst du meist allein zurück
Tanzt selbstvergessen in der Sonne
nach einer unbekannten Melodie
die es nur gibt für dich

Und doch
liegt deine Hand
dann irgendwann auf meinem Arm
Ich hab dich gar nicht kommen hören
hab dich nicht bemerkt

Erst mit der Zeit
spür ich den vertrauten Zauber
der uns umgibt
wenn du in meiner Nähe bist

Das Strahlen deiner Augen aber
kennt niemand sonst, nur ich
Mir ist es aufgefallen
 

Udo Schmitt, März 2000
 
 
 
 




 

Silberhochzeit

Berühre mich nicht
mit deiner Laune
dem Hängen und Würgen und Brechen
Lasse mich einfach
neben dir stehen
und zeige ein frohes Gesicht

Schau schau
der Hase hoppelt über das Feld
hinein in die Abenddämmerung
Ich fühle mich heute wie alt geboren
Für immer und ewig vergreist

Zwischen dir und mir
und mir und dir
gibt es eine Verbindung
Der Spinnwebfaden hängt uns zusammen
wir sind aneinander gewöhnt

Weißt du noch
wie alles begann
Ich habe es wieder vergessen
So lange her ist die fröhliche Zeit
Die Gäste warten aufs Essen
 

Udo Schmitt, April 2000
 
 
 
 


 

Im Frühling

Jetzt endlich spür ich 
die Sonne wieder 
auf meiner Haut 

Und ich spür 
die lauen Winde wehn 
übers Land 

Ich spür 
das Leben erwachen 
in mir 

Spür 
mit geschlossenen Augen 
des Frühlings geballte Kraft 
mir gegen den Schädel donnern 

Und als ich die Augen öffne 
ist es mit Frühlingsgefühlen vorbei 

Blöder Laternenmast! 
 

Udo Schmitt, April 2000 

 
 
 
 

 
 

 
 
 
 
 


 
Peter Gargulak
 

Frohnatur

In meinem Hagebuttentee
seh' ich auf dem tiefsten Grund
weißen Kandiszucker liegen
Dampf steigt in die Augen

In meinem Hagebuttentee
tanzen lustig die Kristalle
wenn ich mit dem kleinen Löffel
heftig darin rühre

In meinem Hagebuttentee
schwimmt ein Schwarm Delfine
und nehm' ich einen großen Schluck
schwimmen sie in meinem Bauch

Dann muß ich ständig grinsen
es kitzelt mich so sehr
Du lachst und denkst dir dabei nur:
Er ist halt eine Frohnatur
 

Udo Schmitt, April 2000

Dieser Text ist Teil der Aktion Dichtertreff.
 
 
 
 




 
 
  
 
Durch die Musik 
 
         
 

 

Jürgen Hofmann
 
 
Bin ich ganz Ohr
im Tönemeer
schliess ich die Augen
für eine Zeit
 
Im weiten Raum 
verlieren wir uns 
Jenseits der Worte 
seh ich dich treiben
 
Endlich daheim
sanft eingewoben
komm ich zur Ruhe
durch die Musik
 
Udo Schmitt, April 2000
 
 
 
 


 
 

Bitte setzen Sie sich!

Setzen Sie sich!
Bitte nehmen Sie Platz!
Hier ist ein Stuhl
Bitte setzen Sie sich!
 
Ich rede, Sie schweigen
Wissen ist Macht
Sie wissen es nicht?
Bitte setzen Sie sich!
 
Sitzen Sie gut?
Bitte hören Sie her!
Warum laufen Sie weg?
BITTE SETZEN SIE SICH ...!
 
Udo Schmitt, April 2000
 
 
 
 
 



 

Allein Im Dunklen Sterben

Dein Körper
kompliziertes Räderwerk
ist aus dem Takt geraten

Böse Kräfte reißen
dich entzwei von innen
Jeden Tag und jede Stunde

Wie ein altes Haus
das mit der Zeit verfällt
so wirst auch du allmählich
zur jungen Menschruine

Das Ende ist in Sicht
du wartest nicht mehr lange
Die Akte wird schon heut geschlossen
mit dem Vermerk: unheilbar
 

Udo Schmitt, April 2000

 
 
 




 
 
Es kommt nichts danach 
 
 
 
 
 

 

     
Es regnet 
nur noch 

Es wird 
leerer, es wird 
leiser, es wird 
langsam es 

kommt nichts danach 

Es regnet nur noch 

Es regnet 
die Tage, es regnet 
die Wochen, es regnet 
die Jahre, das Leben 

und noch darüber hinaus 

Es 
regnet nur noch 
 

Udo Schmitt, April 2000

 
 
 



 

 

Wüste

 
Der Wüstenwind
so heiß, so heiß
verweht meine Spuren
hin zur Oase mit Palmen
 
In die sengende Sonne
muß ich mich stürzen
Dort fliegen Zikaden
mit brennenden Gliedern
 
 
 
 

 
 
 Der Wind ist so 
 trocken wie meine Haut 
 wie meine Füße 
 wie meine Augen 
 wie mein wie - mein wie 
 im Kreis 
 
 
 
Ich sehe das Wasser
am Ende
Ich sehe das Wasser so heiß wie der Sand
Ich sehe das Ende
Das Ende im Sand
Das Ende im Kreis
 
 
 
 
     
 
 Udo Schmitt, Mai 2000
 
 
 
 



 

Mein letzter Wille

Leises Surren, Apparate 
bringen Leben 
bringen Tod 

Ich habe zwei Hälften 
mechanisch die eine 
die andre bereits aufgegeben 

Dies sei mein letzter Wille: 

Schau du mir in die Augen 
wenn durch deine Hand 
die Stille einkehrt in mein Leben 
 

Udo Schmitt, Mai 2000

 
 
 
 


 

Das Schweigen danach

Sag, wie fühlt es sich an!
Du warst der König, der Herrscher, das Tier
Hast dich gesehen in großen Augen
Sag, wie fühlt es sich an!

Immer nur Schweigen, dir fehlen die Worte
Weißt nicht warum und siehst alles ein
Zwei Kinder, ein Mann wollen eine Erklärung
Sag, wie fühlt es sich an!

Für dich war es nur ein kurzer Rausch
wieder verflogen nach wenigen Stunden
Ist zwischen all den Bildern ein Fühlen?
Sag, wie fühlt es sich an!
 

Udo Schmitt, Mai 2000

 
 
 



 

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