Sie ist mein Engel auserkoren --- Das Liebespaar auf dem Schwanenwagen

Das bittersüße ehlich Leben (von Hans Sachs)   Gott sei gelobet und geehrt, der mir ein frumb Weib hat beschert, Mit der ich zwei und zwanzig Jahr gehaust hab, Gott gab länger gar Wiewohl sich in mein ehling Leben Hat Süß und Saures oft begeben Gar wohl gemischt von Freud und Leid, Erst auf, dann ab, ohn Unterscheid. Sie hat mir nit stets kochet Feigen, will schwankweis Dir ein Teil anzeigen. ...

 

Der Bildhauer Jürgen Weber hat mitten in der Nürnberger Altstadt ein modernes Kunstwerk geschaffen, das meines Erachtens als große Bereicherung des Stadtbildes zu bezeichnen ist: Das Nürnberger Ehekarussell (oder auch: Der Hans Sachs Brunnen). Der Künstler suchte beim Entwurf des Brunnens nach einem Thema, das für eine möglichst große Öffentlichkeit verständlich sein sollte. Das Auf und Ab des Ehelebens erfüllt diese Bedingung hervorragend. Ein Gedicht des Nürnberger Meistersingers Hans Sachs “Das bittersüße ehlich Leben“ inspirierte Jürgen Werner dazu, den Brunnen in Form eines Karussells mit 6 thematischen Wagen zu gestalten. Ähnlich wie in dem Gedicht sind in dem Karussell die zwei gegensätzlichen negativen und positiven Pole ausgewogen und nicht etwa chronologisch zu sehen. Die chronologische Variante hätte durchaus ihren Reiz - viele Betrachtern sehen die Bilder als eine zeitliche Abfolge. Dies entspricht jedoch nicht der Aussage des Gedichtes und so stelle auch ich die einzelnen Stationen „ausgewogen“ und nicht als stetigen Verfall dar.

Die Vorgabe der Stadt Nürnberg war es zum einen, den U-Bahn-Lüftungs-Schacht auf dem Ludwigsplatz zu verdecken und andererseits, dass das Gedicht etwas mit Nürnberg zu tun haben müsse. Dies wurde durch die thematische Nähe zu dem Dichter Hans Sachs erfüllt. Das Thema Ehe fügt sich auch in den historischen Rahmen des Platzes ein, denn in alter Zeit mussten die „bösen Eheweiber“ einmal im Jahr den Weißen Turm kalken. Das Ehekarussell befindet sich direkt neben dem Weißen Turm.

Sie ist mein Mai und Rosenhaag --- Küssendes Liebespaar

Die Liebe in ihrer reinsten Form wird mit dem „Liebespaar im Schwanenbett“ dargestellt. Die Eheleute geben sich einander hin, der Moment kurz vor dem Kuss ist festgehalten. Beide sitzen auf dem Schwanenwagen. In ihm setzt sich die Thematik der Liebenden fort, denn auch die zwei Schwäne schnäbeln zärtlich miteinander. Die Federn der Schwäne gleichen Flammen. Das Flammenmotiv wird bei dem Brunnen immer wieder aufgegriffen. Es sind hier die Flammen der Liebe, die sich allerdings beim nächsten Wagen bereits mit den Flammen der Hölle vereinen. Der Schwan gilt in der germanischen und griechischen Mythologie als Liebesvogel.

Die schnäbelnden Schwäne des Schwanenwagens

Der Liebesvogel

In einem Marmorherz ist das Gedicht von Hans Sachs „Das bittersüße ehlich Leben eingraviert“. Das Herz ist auch handwerklich sehr interessant, denn der Künstler hat dafür einen zweifarbigen Marmorblock gewählt und dabei so behauen, dass das Herz rot und der aus ihm entspringende Feigenbaum grün erscheint.
 
Der Wechsel von Bronzeskulpturen und behauenem Marmor lockert die Komposition des Brunnens immer wieder auf.
 

Auf einem roten Marmorherz ist das Gedicht "Das bittersüße ehlich Leben" von Hans Sachs zu lesen