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Im Dezember
Sirenen schneiden tief ins Fleisch
Langes Warten
Kurzer AbschiedIn ihrem Leib
wird es ganz kalt
Dunkel der DezemberHarte Erde fest gefroren
Schmerz wird sie erweichen
Die Abschiedsträne fälltzu ihm
hinab
hinauf
hinüber
Udo Schmitt, Oktober 1999
Christian Winter
Immer noch
Du sagst, erst muß das Alte weichen
eh die neuen Triebe wachsen
und lang schon hörtest du sehr deutlich
die Totenglocken für uns läutenIch bin das Zentrum meines Urknalls
und sehe alles von mir fliehen
Du stürzt dich jetzt ins wahre Leben
und ich werd' leiser, leiser ...So leise, daß mich niemand hört
Im Sand versickern meine Worte
Bis ich nur noch lautlos denke:
Ich lieb dich immer noch
Udo Schmitt, Oktober 1999
Mathias von Schramm
Farben (Themenposting)
Und würden wir die Farben
der Welt, uns wohl vertraut
nicht sehen, sondern
hören
so wär der blaue Erdenball
ein lauter, finst'rer Hort
Nur Schmerz erfüllte unsre OhrenDoch glaube nicht
der bunte Zauber sei
die Wirklichkeit
Im Rot, im Grün, im Blau
da fühlst du dich geborgen
Das Bild jedoch
entsteht in dir
in deinem trügerischen Geist
Udo Schmitt, Oktober 1999
Der Bergkönig (Themenposting Berge)
Im kargen Felsmassiv
ein rabenschwarzes Flattern
und ich
der Held für eine StundeMein ungeliebtes
Königreich
liegt unter mir
wie achtlos ausgeschüttetDaheim
im Menschenallerlei
da seh' ich auf dem höchsten Gipfel
golden meine Krone blitzen
Udo Schmitt, Oktober 1999
Samthautwesen
Peter Gargulak
Von der letzten Welle
angeschwemmt
ergoß ihr Walfischleib
sich über mondlichtweißen Sand
der schimmernden Lagune
zurück ins schwarze MeerEinsam dort
im Nachtwindschweigen
das minutenjunge
Samthautwesen
Winzig vor der dunklen Weite
des endlos stillen Ozeans
Udo Schmitt, Oktober 1999
Postornithologische Liebesentzauberung
Hab' dich einst im Liebestaumel
mit Haut und Haar verschlungen
Doch seit ich dein Gewöll' erbrach
ist Lieben mir nicht mehr gelungen
Udo Schmitt, Oktober 1999
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Männliche Metamorphose
Ein zerstörerischer Wirbelsturm
brauste tosend durch das Haus
riß alles mit sich, was er fand
und nicht sicher war verstautKleider, Photos, Freundschaftsringe
Lippenstifte, Weinbrandgläser
Ein Liebesbrief, den er nicht schrieb
Das Urteil und die RechnungDie nackten Füße auf dem Tisch
das konnte sie nie leiden
Unrasiert im Unterhemd
aufs Mittagessen wartenDoch keine Zeit für falsche Tränen
Den Jäger zieht es auf die Pirsch
Mit seinem Lächeln, sehr verwegen
erlegt er schnell ein neues WeibFrisch gewaschen und geputzt
Voilà: Ein Mann fürs Leben
Udo Schmitt, Oktober 1999
Versöhnung
Regennasse Blätter
und ein Sonnenstrahlenfunkeln
Der Zauberglanz in deinen Augen
läßt meine hell erstrahlen
Ein Lächeln, im Moment geboren
schmilzt das dünne Eis
das durch meine Worte
von dir zu mir gewachsen istUdo Schmitt, November 1999
Die stade ZeitSonnenstrahlen purzelnüber schneebedeckte Felder Der Himmel, königsblau schon wieder ließ es leise rieseln auf die Erde nieder Ein Funkeln und ein Glänzen
Bald ist finstere Nacht
Patrick Lindner singt
Udo Schmitt, November 1999 |
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Hera
Wenn du lachst
dann muß ich weinen
und wenn du singst
dann sehne ich mich nach der StilleDeine Worte
dringen ein in mein Gehirn
und bilden Blasen dort
Im Kopf sind sie gefangenFrau aus Stein
Du Frau Frau
Frau bist du
Ansonsten bist du nichtsIch bin der Mann
zum Feindbild dir geboren
Möchte Brennholz sein für deine Lust
die halbe Spezies Mensch zu hassen
Udo Schmitt, Dezember 1999
Peter Gargulak
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Schmunzeln aus der Schmunzeldose
Hab' vor Tagen schon ein Schmunzeln
gefangen in 'ner Dose
Und wenn mir mal nach Schmunzeln ist
mach ich sie auf, nur einen Spalt
schon kommt's herausgeschmunzeltDoch frag' ich mich
was solch ein Schmunzeln
so dann und wann zu essen möcht'
Braucht es Küsse oder Kirschen
damit sein Schmunzeln nie vergehtBevor mein Schmunzeln in der Dose
am Ende noch verhungern muß
Mach ich sie lieber ganz weit auf
und spende es, das ist vernünftig
Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl
Udo Schmitt, Dezember 1999