Die Schwalbe
Peter Gargulak Ich glaube
über die hohen Dächer der Häuser
springen zu müssen
um der freundlich lächelnden Schwalbe
endlich begegnen zu können
die mir mit warmer Stimme erzähltIch komme aus dem fernen Süden
mein Freund
dort
wo die wilden Früchte aus dem Boden quellen
und unerlässlich vom Himmel fallen
dort
wo die goldenen Sonnenstrahlen
ein dichtes Netz
miteinander knüpfen
und jegliches Geschöpf
wohlwollend
darin einhüllenUnglaublich
flüstere ich der Schwalbe ins Ohr
ich möchte so gerne die Süße der Lüfte
und die endgültigen Wahrheiten
der Luftspiegelungen
über den endlosen Stränden
erlebenBring mich dorthin
wo das hektische Fließen
der Gewässer
endlich ein Ende gefunden hat
und alles zur letzten Ruhe gekommen ist
Dorthin
wo der Horizont silbern aufleuchtet
wenn der Mond
geräuschlos über den Ozean schwebt
wo die Tage hell
und die Nächte dunkel sind
dorthin
wo die Gedanken greifbar
durch die Luft
schwirren
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An einen LeserGib den Ring her ich werde ihn verschlucken sobald du wieder die Hände über die Knie legst wie du es immer tust wenn du ehrfürchtig die Zeilen verfolgst An deiner Stelle
Steige lieber
Trompete
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Ist es schon Herbst ...?
Renate Möller |
Gerade sah ich
wie sich das zweihundertdreizehnte
Blatt zu Boden stürzte
und in diesem Augenblick
verstand ich es zum ersten Mal
Es war im Sommer
an einem sehr heißen Tag
Gewitter hingen unschlüssig in der Luft
der Wind wollte dich bereits mit sich hinfort reißen
während ein bedrohliches Gemurmel
von überall
auf uns einredete
du aber nur den Kopf schütteltest
und mir deinen Traum von Freiheit erzähltest:
Zwischen zwei Augenblicken
eingesperrt
festgemauert
der einziger Atemzug
den du ein Leben lang herbeisehntest
von der Loslösung
deines Vaters
des Baumes
bis zur neuen
Knechtschaft
mit dem Erdboden
einen Hauch
Ungebundenheit
erleben
Udo Schmitt
Fluchtgedanke
Endlich einmal einen Augenblick losgelöst
dieses freischwebende Gefühl erlebt haben
jetzt aber schon wieder besitzergreifend
in die Arme genommen
und zur Unfähigkeit verdammt
sich ohne Krücken fortzubewegen
Eigensinnig
schlage ich deswegen erneut
auf dem alten Xylophon herum
bis ich wieder
wie an jedem Tag vorher
die Schläger
störrisch
von mir werfe
Gibt es ein Entrinnen
ein Hindurchschlüpfen, Verflüchtigen, Entwischen
Ich möchte endlich
die Weite des dreidimensionalen Raumes
kennenlernen
Vielleicht eines Tages
direkt unter der sonntäglichen Kaffeetafel
ganz unauffällig
inmitten symmetrisch angeordneter Beine
sich tief in den Erdboden vergraben
auf und davon
einfach aus dem Staub machen
Einmal
die Segel setzen
in weite Fernen getrieben werden
und nur noch die Erinnerung an den Wind festhalten
Udo Schmitt
Regen
Peter Gargulak Begleite mich ein Stück auf meinem Weg
dann wirst du bald verstehen
warum ich den Regen so fürchte
dieses Trommeln, Schlagen und Peitschen
immer zuerst auf den Kopf
immer gegen das Gesicht
umhüllt, gefesselt, gefangen
und es gibt wieder einmal gar kein EntrinnenLandschaften überziehen gummiartig die Erdkugel
Der Tag schleppt sich mühevoll am Fenster vorbei
auf Krücken gestützt
schwerfällig die Zeit hinter sich her zerrend
im zähen Morast
klebrig wie Zuckerwatte
Inmitten dieser Zähigkeit beschließe ich von neuem
alles ist heute ZuckerwatteFrage mich nicht, was ich will
Gerade erst erwacht
schon wieder ermüdet zusammengebrochen
singen wir die fröhlichen Lieder
die uns die Köpfe füllen
und zufrieden mit den Augen lachen lassen
doch wer
glaubt uns denn noch
wenn wir nicht selber das Lachen schon längst
als zur Gewohnheit gewordenes Spiel durchschaut hättenBald kommen wieder die Schwalben geflogen
von Süden
und bringen erneut
nichts als eine lauwarme Brise mit sich
die sich sogleich
bei der ersten Berührung mit unserem Land
verflüchtigtEtwas im Herzen ist aber schon verwelkt
etwas
von dem zu kosten nur zu vielen vergönnt ist
Udo Schmitt