Am Abend

Immer wenn der frühe Abend 
dem Tag die letzten Farben nimmt 
erstarrt der Zeitenfluß 
beim Warten auf den Augenblick 
da graue Elefanten 
lautlos fliegen durch den Raum 
an Wänden hoch marschieren 

Stunden nur dies Wort gedacht: 
Einsamkeit 
Bis endlich das Gedankenrauschen 
durchbrochen wird von einem Satz: 
"Du frißt wie ein Schwein!" 
In der Stille wird er ihm 
zu einem kleinen Lied 

Erst wenn das letzte Licht 
gewichen ist aus jenem Zimmer 
zündet er sich Kerzen an 
die eifrig, lustig flackern 
endlich Leben bringen 
für ihn und seine Freunde 
aus schwerem Eichenholz 

Elefanten strahlen dann sehr hell 
im leuchtend blauen Schimmer 
Tisch und Stühle fließen 
langsam hin zur off'nen Tür 
Draußen sitzt die Nacht 
Sie wartet noch nicht lange 
schickt den Wind als ihren Boten 

um ihn abzuholen 
 

Udo Schmitt, Dezember 1999 

 
 
 
 
Russell Lett
 
 
 
 

 


 

 
 
 


 

Mit den Jahren

 
 
Renate Möller
 
 
Sie waren mir alle so wohl vertraut 
Menschengestalten, Großstadtgesichter 
Ein Blick in die Augen der reichte 
fast bis zum Grund ihrer Seele 

Das ist wohl meine Vergangenheit 
dort hinter den Milchglasscheiben 
Will ich Freunde von damals berühren 
werden mir Bilder zu Asche und Staub 

Die Namen, die Worte, die Tage 
sind Treibholz meiner Erinnerung 
Und kommst endlich du auf den Fluten geschwommen 
dann schließ ich die Augen und warte 
 

Udo Schmitt, Dezember 1999 

 
 
Peter Gargulak
 
 
 
 


 
 
 


 
 
 
 

 
Peter Gargulak
 
 

Das Gesetz

Für den, der ganz weit oben steht 
da gibt es nur noch ein Gesetz 
das eigene 

Für den, der ganz weit unten ist 
hat er sie ausgedacht 
die Paragraphen 

Und fällt er doch einmal herab 
aus seinem Nest, der alte Vogel 
dann trifft es ihn ganz unerwartet 

Das Gesetz 
schafft Ordnung und spricht Recht 
für dich, für mich 

und auch für Altgemüse 
 

Udo Schmitt, Dezember 1999 

 

 
 
 
 


 
 
 


 

Fortschritt
 
Peter Gargulak
 
 
Lautlos fällt ein grauer Schnee 
auf des Landes off'ne Wunde 
Nur der Wind ist hier zuhaus' 
weht über karge Hügel 

All die Helden, Löschsoldaten 
einstmals in den Tod geschickt 
starben langsam, aber täglich 
Ein Orden für die Krebsgeschwüre 

Am Tage vorher war die Stadt 
noch vollgefüllt mit Leben 
Heute ziehen Wolken nur 
zu jenen die noch sterben 
 

Udo Schmitt, Dezember 1999 

 
 
 
 


 
 
 


 

 

Meine alte Lehrerin

Du lehrtest uns die Dummheit 
die Einsamkeit, die Ignoranz 
das Ducken und Verstecken 

Triste Weisheiten 
umhüllten 30 Bleichgesichter 
wie trockner Kreidestaub 

Draußen schien die Sonne 
Dort lernten wir erst kennen 
was du uns stets verborgen hast 

Das ganz normale Leben 
 

Udo Schmitt, Januar 2000

 
Wayne Geist
 
 
 
 
 
 



 
 
 


 

Plötzlich

 
 
Russell Lett
 
 

Tausend kleine Nadelstiche lang
sah ich in deine Leidensmiene

Wer schon konnte ahnen, daß
der Stich
ausgerechnet dieser letzte Stich

Ein wildes Tier erweckte
das jahrelang gelauert
auf meinen Körper stürzte
ihn zu zerfetzen, zu zerreißen
zu vernichten ganz und gar

Wer schon konnte ahnen, daß
der Stich
für immer einen Schlußstrich ziehen sollte
 

Udo Schmitt, Januar 2000

 



 
 
 
 

 
 

Fürsorgliche Verführung im Vorfrühling

Meine Füße sind mir heute 
leichte Schwingen, Federflügel 
Ein Tanz auf Wolken macht mich heiter 
Schatten werf' ich auf die Erde 

Dort ist es schaurig dunkelkalt 
Gesichter grau und starr die Mienen 
All die hellen Sonnenstrahlen 
tummeln sich bei mir hier oben 

Auf meinem weißen, weichen Bett 
lieg' ich alleine, seh' nach unten 
zu dir hinab ins Dämmertal 
Zieh' aus der Nässe dich herauf 

und dann ganz langsam aus 
 
 

Udo Schmitt, Januar 2000 

 
Wayne Geist
 
 
 
 
 
 


 
 
 


 

Liebe auf der Spülmaschine

 

Bitte nur diejenigen mit einer stabilen psychischen Verfassung hier klicken, die sich in der Lage sehen, das Dargebotene verkraften zu können, ohne dabei Schaden zu nehmen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 

Im fremden Land

 
 
 
Renate Möller
 
So standen wir im fremden Land
vom Sehen satt zu werden
Ein Traum inmitten Wirklichkeiten
schöner als die Fantasie

Und deine Augen wurden blau
blauer noch als alles andre
Die Köpfe füllten wir behutsam
auf mit neuem Licht

Zuhause zwischen Häuserzeilen
wartete der Nieselregen
Das Strahlen in den Augen aber
ist bis heute uns geblieben
 

Udo Schmitt, Februar 200

 
 
 
 
 



 
 

Unnahbar

Kühl bist du und unnahbar 
jedoch auch wunderschön 

Wenn dein Blick mich trifft 
gefriere ich von innen 
und meine Glieder schrumpeln 
wie nach dem Bad 
in einem Gletscherbach 

Steh ich vor dir 
zaudernd 
nackt und blau gefroren 
blitzt der kalte Spott 
aus deinen grünen Augen 

Finger werden klamm 
wenn ich sie ganz fest 
in harte Erde kralle 
 

Udo Schmitt, Februar 2000

Peter Gargulak
 
 
 
 
 
 
 



 

Jungenwelt

 
Hubert Klotzeck
 
Hubert Klotzeck
 
 
Deine Jungenwelt
ist vollgefüllt mit Matchboxautos
Muskelmännern, Testpiloten
Wasserspritzpistolen

Jedem Fußball rennst du hinterher
und nie geht es dir schnell genug
Dein Rufen hör ich aus der Ferne
Papa komm, Papa komm

Du bist ein Wicht, der unverdrossen
sich das vom Leben nimmt
was ihm gehört

und zum Dank ganz ohne Zögern
mit einem Lächeln schnell quitiert
 

Udo Schmitt, Februar 2000

 
 
 
 



Zurück zur Startseite