Im letzten Moment des Wartens

 
Ich singe dir leise ein Lied in das Ohr
Der Schlaf macht dich milde, du liegst neben mir
Mein Blick ruht auf deinen geschlossenen Augen
Ich warte auf dein Erwachen

Ich liebe dich, habe ich dir gesagt
War ich das Opfer und du der Vollstrecker?
War ich das Mittel zum Zwecke nur
in diesem einen Moment?

Ich warte - ich weiß nicht, auf was ich noch warte
in deinem steinernen Bett
Schlägst du die Augen auf, wirst du mich fragen:
Warum wartest du immer noch?

 
Udo Schmitt, Juni 2000
 
 
 
 




 

Rot

 
Mit seinen roten Händen
ruft er nach der Schwester:
Schwester komm, Schwester komm

Drüben in der Quelle
schwimmt ihr rotes Halstuch

noch

bis zum Abend
da der Worte roter Klang
auf ruhigem Wasser langsam stirbt

 
     
 Udo Schmitt, Juni 2000
 
 
 




 

Undankbar

 
Und als wir
die Legobaukästen
endlich komplett hatten
zog sie aus
das undankbare Ding
Ins Studentenwohnheim
3 x 3 Meter
und WC am Gang
 
 
Udo Schmitt, Juni 2000
 
 
 
 




 

Wilde Fahrt

 
 
Christiane & Torsten Herrmann
 
Die wilde Fahrt
läßt unsre Blicke tanzen
über Wellen, Gischt und Licht
Dein Lachen klingt
durch all das Tosen
als wäre es ein Schreien
nach dir selbst
 
 
Udo Schmitt, Juni 2000
 
 
 
 
 


 

Abendträumereien

 
 
Christiane & Torsten Herrmann
 
 
Das Wasser ist ein Spiegel mir 
in dem ich Welt und Himmel 
lange Zeit betrachten kann 

Die Sonne nimmt ihr Abendbad 
und färbt das Wasser rötlich blau 
Der Enterich, er landet dort 
macht einen scharfen Schnitt 

durch meine Wolkenträume 
die bald, nach heit'rem Tanz 
sich wieder schlafen legen 
 

Udo Schmitt, Juni 2000

 
 
 
 



 
 
 
 
 
 
 
 
David C. Jensen
 

Das Maß aller Dinge

  
Mit diesem Maß gemessen 
wandeln sich selbst die Titanen 
in kümmerliche Zwerggestalten 
und der Giganten Drachenschwanz 
wird einem kleinen Würmchen gleich 

Jedoch bei Licht betrachtet 
schrumpft das Maß sehr schnell zusammen 
Ist handlich klein, Taschenformat 
Und auch die einst verlachten Riesen 
wachsen wieder in den Himmel 
 

Udo Schmitt, Juni 2000

 
 
 
 
 
 

 

Mob und Mobbing

Brille auf der Nase lang
Aktenordnerrücken krumm
Tippt auf seinem Taschenrechner nur im Kreis

Ein alter Kopf
rollt holpernd durch die Gänge
Nur die Nase gräbt sich manchmal
in die Teppichflusen

Stilles Echogrinsen
Aktenordner rücken
Frischwind du wirst auch zur Schleife
 
 
Udo Schmitt, Juni 2000

 
 
 
 



 
 

Totgelaufen

 
 
David C. Jensen
 
Wassertropfen, Träume
entspringen Stirn und Lenden
fliegen mit dem Wind
bevor sie dumpf zur Erde fallen

Böse Geister rufen
seinen Namen schon
führen ihn mit fester Hand
in ihr Fliegenreich

Blind ist er gewesen
Ein halbes Leben lang
Totgelaufen
auf dem Laken
das ihn einst bedecken wird
wenn fremde Kinder
Spiegelwesen
seine Augen schließen
 
 
Udo Schmitt, Juli 2000

 
 
 
 



 

Für dich nicht mehr

 
Was waren das für Zeiten
Jauchzen im Himmel hoch oben nur Tote betrübt
Ausgerissene Bäume und dein sprechender Bände-Blick
mit Augen so klar wie ein Bergsee
so hat's mir das Leben diktiert

Jetzt sieh es dir an!
Ein Haufen Scherben auf dem Scherbenhaufen
geronnen und zerronnen
Für dich reiß ich mir kein Bein mehr aus
oder schmeiß Bierdosen ins Donaudelta
 

Udo Schmitt, Juli 2000

 
 
 
 



 

11. Oktober

 
Altes Weib
trinken möcht' ich deine Luft
wie reifen Wein
und all die Farben inhalieren
Wer glaubt schon bei dem bunten Zauber
daß du bald sterben mußt

Die wackeren Gesellen
in den Ahorn-Bäumen
lachen laut, so laut sie können
Der Wind sieht ihnen dabei milde zu
raunt über ihre Kronen:
Es geht bald auf die Reise

Traurig
bin ich nicht
steh' ich an deinem Grab
Ein junges Weib
im leichten Kleid
winkt mir schon aus der Ferne
 

Udo Schmitt, 11.  September 2000
 
 
 
 




 

Angebissen

 
Angebissen
und dann hingeworfen
wie eine alte Wurst

liegst du rum
auf deinem Sofa
als fetter Kissenwal

Weinen bis zum Abend
Dann erst kommt die Stille
und legt sich auf die Haut

In deinen Augen
schneit bereits
der Winter
 

Udo Schmitt, Oktober 2000

 
 
 
 




 

Allein mit dir

Es ist die Stille nun
mein bester Freund
und all mein Denken
bleibt bei mir

Zu Eis gefroren
sind die Blumen
die ich legte
auf dein Grab

Die Rose wird zu Staub
in meinen klammen Fingern
Es nimmt der Wind sie mit für immer
zu gerne würd' ich folgen
 
 

Udo Schmitt, November 2000

 
 
 
 



 

Ein Liebeskummer

 
Jochen Äckman
 
 
Ich rufe deinen Namen 
und breite beide Arme aus 
So flieg' ich über Stadt und Land 
mit meinen müden Augen 

Dann denke ich an dich 
an dich, an dich und nur an dich 
An dich denk' ich zuerst 
an dich denk' ich zuletzt 

Ich fliege über's Land 
mit all meinen Gedanken 
mit all meinen Gefühlen 
mit all meiner Erinnerung 
flieg' ich dir entgegen 
du Erdenmensch tief unten 
  

Udo Schmitt, November 2000

 
 
 
 
 
 



 

Am Ende

Sprich endlich dieses Wort
das uns für immer trennt
Ich halt' die Nägel schon bereit
für deinen kühlen Sarg

Moder und Lavendelduft
ein Krug mit Gallensäften
Die Liebe ist ein garstig Ding
wenn sie denn weichen muß

Wie fette, süße Datteln
faulen wir von innen
So gib mir deinen ganzen Haß
und laß mich lieblos werden
 

Udo Schmitt, Dezember 2000

 
 
 
 
 



 

Ein Aufruf an die stille Mehrheit

Wie Ratten im Kanal
schwimmt ihr in einer warmen Brühe
aus halb verdauten Süßigkeiten
die noch kleben
obwohl sie durch Gedärm gekommen
das Licht der Welt erblickten
um täglich neu euch zu beglücken

Ihr Sangesbrüder, Sangesschwestern
hört nur einmal auf den Ton
der in euch selber schwingt
und nicht in euren Tonangebern
Tretet aus aus dem Verein
und werdet endlich ganz
ihr selbst
 

Udo Schmitt, Dezember 2000

 
 
 
 



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